Emotional. Rational.

Alf Lechner

01. Sep 2019 – 29. Dec 2019

Alf Lechner erkundete mit seiner künstlerischen Arbeit den Werkstoff Stahl ebenso rational wie emotional. Es entstand ein eindrucksvolles grafisches und skulpturales Werk, mit starker Rationalität in der Planung und naturgewaltiger Emotionalität im Ausdruck.

Den Wunsch des Schaffens und seine starke Leidenschaft vereinte Lechner mit der Analyse von geometrischer Form und Stahl. „Kein Bildhauer hat jemals solche Entdeckungen am Würfel gemacht, keiner den Stahl mit so viel Genauigkeit erkannt.", schrieb Manfred Schneckenburger, ehemaliger Direktor der Kunsthalle in Köln und Leiter der Documenta in Kassel 1995 über Alf Lechner.

© Studio Hetzer

Diese Werke beschreiben mit einzelnen zusammenhängenden Linien die Seiten und Diagonalen in einem Würfel und werden so zu überraschenden, eigenständigen Skulpturen. Ergänzt mit Fotos der ausgeführten Werke, welche im Skulpturenpark in Obereichstätt zu besichtigen sind, wird die gesamte Entwicklung einer Lechner-Skulptur nachvollziehbar. In einem anderen Raum treten die sechs großformatigen Zeichnungen von 1989, In Schreibrichtung, in Dialog mit der Flächenkonstruktion XXII von 1976, ein Werk aus der Serie von Glas- und Stahlskulpturen, in welcher eine Glasscheibe und ein Stahlrahmen-Quadrat sich gegenseitig stabilisieren, und geben einen Einblick in die Experimentierfreude und den Erkundungsdrang Lechners. Im Erdgeschoss wird Lechners Auseinandersetzung mit dem Material Stahl dreidimensional erlebbar. Lechner war von flüssigem Stahl fasziniert. Glühender Stahl, der auch im Kern der Erde vermutet wird, wirkt als archaisches Element und kann starke Emotionen wecken. Der flüssige Zustand des Stahls wird mit der Rauminstallation Bizarre Flächen für den Besucher sichtbar. Es ist die neue Fassung, die von 2006 bis 2016 in drei verschiedenen Versionen von Lechner entwickelt wurde, und erstmalig in dieser Form zu sehen ist. Sie stellt visuell - durch ihre abwechslungsreichen Oberflächenstrukturen - und formal - durch Ihre gebannte Feuerkraft - ein bedeutendes Spätwerk des 2017 verstorbenen Bildhauers dar.

© Studio Hetzer

Horizontal in Stahlrahmen geschweißt, wirken die Flächen wie ein Versuch, Emotionen im rationalen Rahmen zu bändigen. Doch an einigen Stellen brechen die Werke aus dem Rahmen aus. Diese aufregenden Brenn-Schnitt-Flächen laden zur Erkundung ein. Ergänzend zur Ausstellung werden im Papierhaus des Skulpturenparks in Obereichstätt Lechners sogenannte Emotionale Zeichnungen gezeigt. Sie entstanden unter anderem durch Abreibung oder in Bewegung gegen einen zurückweichenden Widerstand. Es sind abstrakte Zeichnungen, die an einen Funkenflug erinnern, und eindrucksvoll die Intensität und Leidenschaft des Künstlers transportieren. Die Ausstellung emotional. rational. vermittelt, wie Alf Lechner starke Leidenschaft, Begeisterung und Experimentierfreudigkeit mit viel analytischer Fähigkeit und Planung so einsetzte, dass er massiven Stahl und geometrische Formen in einen beeindruckenden künstlerischen Einklang brachte.

© Studio Hetzer

Auch in dieser Arbeit verbinden sich Fragment und Ganzheit, Freisetzen und Erinnern. Diese Doppelheit ist vielleicht ein Leitfaden in das Werk von Susanne Tunn hinein.

- Dorothée Bauerle-Willert

Während im Erdgeschoss das dunkle Blau-Grau des Labrador-Steins aus Norwegen und des Krastaler Marmors aus Österreich vorherrscht, präsentiert Susanne Tunn im Obergeschoss zum ersten Mal den gesamten Zyklus Die Große Melancholie. Wie in einer naturwissenschaftlichen Versuchsanordnung sind die hellen Skulpturen aus andalusischem Macael Marmor aufgereiht, in komplexen, geometrischen Formen, die an das Schleifen von Diamanten erinnern. Susanne Tunn hat diesen Werkzyklus über 30 Jahre hinweg von 1990 bis 2022 in Anlehnung an Albrecht Dürers berühmte Melencolia I geschaffen.

Mit den aus Zinn gefertigten Arbeiten im Obergeschoss bringt uns Tunn ins Jahr 2015, als sie die Fugen des Bodens im Dominikanerkloster in Osnabrück mit reinem, flüssigem Zinn ausgoss. Das regelmäßige Raster der Bodenfugen wurde zur einmaligen Form, wie ein Fingerabdruck, und wölbt sich nun über den Boden, als wollte es sich aus der Restriktion der eigenen Haut befreien. Die feinen und sensiblen Arbeiten auf Papier geben im Obergeschoss einen Einblick in das umfangreiche und eigenständige grafische Werk von Susanne Tunn.

Während einige ihrer Skulpturen in Gewicht und Masse, ähnlich wie bei Alf Lechner, die Grenzen des Machbaren ausloten, so führen uns diese mit Tusche und Bleistift gefertigten Werke auf Papier, wie Miniaturen in den gedanklichen Kosmos der Bildhauerin. Sie erlauben Transparenz und Leichtigkeit und lassen die grafischen Objekte schwerelos tanzen.
Susanne Tunn verband mit Alf Lechner eine über 30 Jahre währende Künstlerfreundschaft. Geprägt von einem gemeinsamen Verständnis der Kraft der Natur, der Sensibilität von archaischem Material, von Reduktion und der Balance von Masse und Raum, war es der ausdrückliche Wunsch Alf Lechners, ihr auch nach der Präsentation von Perlen aus Stein im Jahr 2006 eine umfassende Werkschau zu ermöglichen. Es ist uns daher eine besondere Freude, diesem Wunsch nun entsprechen zu können.

Susanne Tunn verband mit Alf Lechner eine über 30 Jahre währende Künstlerfreundschaft. Geprägt von einem gemeinsamen Verständnis der Kraft der Natur, der Sensibilität von archaischem Material, von Reduktion und der Balance von Masse und Raum, war es der ausdrückliche Wunsch Alf Lechners, ihr auch nach der Präsentation von Perlen aus Stein im Jahr 2006 eine umfassende Werkschau zu ermöglichen. Es ist uns daher eine besondere Freude, diesem Wunsch nun entsprechen zu können.

Kunst enthüllt und schafft, und sie verbirgt, ist Ordnung und Chaos gleichzeitig. Was schön ist, entspricht und widerspricht den Betrachtenden. Diese Spannung ist es, die Susanne Tunn streng aufrechterhält.

- Jörg Mertin

Info zur Ausstellung

Ausstellende*r
Alf Lechner
Zeitraum

01. Sep 2019 – 29. Dec 2019

Kuratiert von
Daniel McLaughlin
daniel@lechner-museum.de