Rot x Stahl

Rupprecht Geiger / Alf Lechner

20. Feb 2020 – 13. Sep 2020

Alf Lechner und Rupprecht Geiger waren sowohl in ihrem Werk, ihrer Freundschaft, als auch durch ihre bayerischen und Münchener Wurzeln verbunden. „Die Münchener Wurzeln von Alf und Rupprecht wurden besonders deutlich, wenn sich beide Künstler im Atelier trafen. Ihre Freundschaft und ihre lebhaften Gespräche waren für beide stets eine Bereicherung" berichtet Camilla Lechner. Beide Künstler waren Autodidakten. Rupprecht Geiger zählt zu den wichtigsten abstrakten Malern der deutschen Nachkriegsavantgarde, Alf Lechner ist der bedeutendste Stahlbildhauer der Nachkriegsmoderne in Deutschland.

Es war Alf Lechner seit vielen Jahren ein Herzenswunsch, eine Ausstellung mit Rupprecht Geiger im Lechner Museum zu präsentieren. In den Jahren vor Geigers Tod 2009 ließ sich dieser Wunsch nicht mehr realisieren. Daher ist es dem Lechner Museum eine besondere Freude, in enger Zusammenarbeit mit Julia Geiger und dem Geiger Archiv diese Idee anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Lechner Museums Wirklichkeit werden zu lassen. Diese erste gemeinsame Museumsausstellung der beiden in München geborenen Künstler stellt durch seine überregionale Strahlkraft einen idealen und farbenfrohen Auftakt zum Jubiläumsjahr dar.

© Archiv Geiger

In der Ausstellung werden auf beiden Etagen des Museums die Werke von Alf Lechner und Rupprecht Geiger gegenübergestellt. Elf Skulpturen aus Stahl und drei große Zeichnungen von Alf Lechner, die sich mit dem Thema Quadrat, Kugel, Kreisbogen befassen, treten in Dialog mit den shaped canvases und der monochromen geometrischen Bildgestaltung mit Kreis, Linie, Quadrat und Rechteck im Werk von Geiger.

Die Ausstellung arbeitet den Werdegang beider Künstler als Leitfiguren der Abstraktion heraus und die Bedeutung von Oberflächen und Form als physisches Farb- sowie skulpturales Raumerlebnis. Die von Geiger beschriebene „Wandlung der Farbmaterie zum Farbgeist" steht dabei in direkter Beziehung zur „Komplexität der Einfachheit" bei Lechner. Es wird anhand der ausgestellten Werke deutlich, wie beide Künstler von unterschiedlichen Standpunkten, dem des Malers und dem des Bildhauers, in die gleiche Richtung der Abstraktion, Ausdrucks- und Formensprache gearbeitet haben.

© Archiv Geiger

Die geistige Verwandtschaft und Harmonie im Inhalt ihrer Werke aber auch die Gegensätzlichkeit im Ausdruck der Materialien in der Kunst von Rupprecht Geiger (1908 – 2009) und Alf Lechner (1925 – 2017) wird an dem gemeinsamen Projekt Stehle und Scheibe besonders deutlich, welches 1987 vor dem Münchner Kulturzentrum Gasteig errichtet wurde. Die Bedeutung dieser beiden „Großmeister der Abstraktion" wird in dieser Ausstellung auf besondere Weise durch die Gegenüberstellung vermittelt. Rupprecht Geiger, der als Maler seine Leinwände wie Skulpturen formte und Räume aus Farbe gestaltete (Unisono Rot und Unisono Pink) steht den Werken von Alf Lechner gegenüber, der aus der geometrischen Form im Stahl neue Strukturen und der wahren Farbe des Stahls, dem „Rost" als malerisch schöne und sich vielfältig wandelnde Oberflächen neuen Raum und eine zentrale Bedeutung gab. "Mein ganzes Lebensziel ist die Einfachheit" sagte Alf Lechner gerne, und weiter: "In der Einfachheit steckt soviel Kompliziertes, dass man gar nicht einfach genug sein kann. Wirkliche Entdeckungen macht man ja nur in den einfachsten Formen. Je überladener eine Form ist, desto weniger sieht man das Wesentliche."

Auch in dieser Arbeit verbinden sich Fragment und Ganzheit, Freisetzen und Erinnern. Diese Doppelheit ist vielleicht ein Leitfaden in das Werk von Susanne Tunn hinein.

- Dorothée Bauerle-Willert

Während im Erdgeschoss das dunkle Blau-Grau des Labrador-Steins aus Norwegen und des Krastaler Marmors aus Österreich vorherrscht, präsentiert Susanne Tunn im Obergeschoss zum ersten Mal den gesamten Zyklus Die Große Melancholie. Wie in einer naturwissenschaftlichen Versuchsanordnung sind die hellen Skulpturen aus andalusischem Macael Marmor aufgereiht, in komplexen, geometrischen Formen, die an das Schleifen von Diamanten erinnern. Susanne Tunn hat diesen Werkzyklus über 30 Jahre hinweg von 1990 bis 2022 in Anlehnung an Albrecht Dürers berühmte Melencolia I geschaffen.

Mit den aus Zinn gefertigten Arbeiten im Obergeschoss bringt uns Tunn ins Jahr 2015, als sie die Fugen des Bodens im Dominikanerkloster in Osnabrück mit reinem, flüssigem Zinn ausgoss. Das regelmäßige Raster der Bodenfugen wurde zur einmaligen Form, wie ein Fingerabdruck, und wölbt sich nun über den Boden, als wollte es sich aus der Restriktion der eigenen Haut befreien. Die feinen und sensiblen Arbeiten auf Papier geben im Obergeschoss einen Einblick in das umfangreiche und eigenständige grafische Werk von Susanne Tunn.

Während einige ihrer Skulpturen in Gewicht und Masse, ähnlich wie bei Alf Lechner, die Grenzen des Machbaren ausloten, so führen uns diese mit Tusche und Bleistift gefertigten Werke auf Papier, wie Miniaturen in den gedanklichen Kosmos der Bildhauerin. Sie erlauben Transparenz und Leichtigkeit und lassen die grafischen Objekte schwerelos tanzen.
Susanne Tunn verband mit Alf Lechner eine über 30 Jahre währende Künstlerfreundschaft. Geprägt von einem gemeinsamen Verständnis der Kraft der Natur, der Sensibilität von archaischem Material, von Reduktion und der Balance von Masse und Raum, war es der ausdrückliche Wunsch Alf Lechners, ihr auch nach der Präsentation von Perlen aus Stein im Jahr 2006 eine umfassende Werkschau zu ermöglichen. Es ist uns daher eine besondere Freude, diesem Wunsch nun entsprechen zu können.

Susanne Tunn verband mit Alf Lechner eine über 30 Jahre währende Künstlerfreundschaft. Geprägt von einem gemeinsamen Verständnis der Kraft der Natur, der Sensibilität von archaischem Material, von Reduktion und der Balance von Masse und Raum, war es der ausdrückliche Wunsch Alf Lechners, ihr auch nach der Präsentation von Perlen aus Stein im Jahr 2006 eine umfassende Werkschau zu ermöglichen. Es ist uns daher eine besondere Freude, diesem Wunsch nun entsprechen zu können.

Kunst enthüllt und schafft, und sie verbirgt, ist Ordnung und Chaos gleichzeitig. Was schön ist, entspricht und widerspricht den Betrachtenden. Diese Spannung ist es, die Susanne Tunn streng aufrechterhält.

- Jörg Mertin

Info zur Ausstellung

Ausstellende*r
Rupprecht Geiger / Alf Lechner
Zeitraum

20. Feb 2020 – 13. Sep 2020

Kuratiert von
Julia Geiger und Daniel McLaughlin
daniel@lechner-museum.de